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Ein politischer Film hat es nicht leicht, selten erreichen seine Inhalte eine große Öffentlichkeit. Ken Loach ist seit langem genau so ein Filmemacher, in seinen Filmen untersucht er Mikrokosmen der englischen Unterschicht. Mit seinem neuen Film „Just a Kiss“ wendet er sich jetzt der Mittelschicht im schottischen Glasgow zu, verpackt in einem Melodram und erreicht damit vielleicht mehr Zuschauer als bei seinen Filmen zuvor.

Die Geschichte scheint schnell erzählt: Casim (Atta Yaqub), Bangra-DJ und Sohn einer pakistanischen Einwandererfamilie, verliebt sich in die irische Musiklehrerin Roisin (Eva Birthistle), die Casims jüngere Schwester an einer katholischen Schule unterrichtet. Mann liebt Frau, er Muslim, sie Katholikin; sollte dieser Unterschiede heute, zumindest in der westlichen Welt, noch ein Problem darstellen? Die Antwort ist: Ja. Natürlich ist die Familie gegen die Verbindung mit einer Weißen, einer „Goree“, ist doch schon die Cousine aus Pakistan als zukünftige Ehefrau auserwählt. Natürlich gibt es auch bald Probleme mit der katholischen Schule, nicht nur das Roisin geschieden ist, aber die Liebe mit einem Muslimen scheint nicht akzeptabel, sollen doch die „richtigen“ Werte an die Schüler vermittelt werden.

„Romeo und Julia“ vermengt mit „Kick it like Beckham“ könnte man meinen, aber so einfach macht es uns Ken Loach nicht. Auch wenn die schwierige Liebesgeschichte im Vordergrund steht, schließlich ist sie Motor der Handlung, bemerkenswert sind jedoch die Dinge, die im Hintergrund erzählt werden: Details, die fein in die Geschichte verwoben sind, genaue Beobachtungen der unterschiedlichen kulturellen Milieus und bissiger Humor an der richtigen Stelle. Der Kampf um die Liebe wird nicht nur in Hinblick auf eine prinzipielle Unmöglichkeit des Miteinanders beantwortet, schaut man genauer hin gibt Loach seinen Charakteren individuelle Motivationen, die die oft doch recht vorhersehbare Liebesgeschichte mit Tiefen ausstattet. Da ist der Vater, der während der Wirren der Teilung von Indien und Pakistan 1947 von seinem Zwillingsbruder getrennt wurde, dessen Name nun sein Sohn Casim trägt. Um wenigstens diesen nicht zu verlieren wird für das vermeintliche Eheglück mit der Cousine ein Anbau gleich neben dem Haus der Eltern errichtet. Oder die ältere Schwester, die ganz den traditionellen Vorstellungen der Familie entspricht, ebenfalls einen angesehenen Pakistani zu heiraten begriffen ist, doch deren Ehe durch die entstandene „Familienschande“ unmöglich gemacht wird. Der beste Freund Casims, der wohl ebenfalls mit einer „Goree“ zusammen lebt, aber heiraten will er später nur eine Pakistani. Das Pech des einen ist das Glück des anderen. Denn der Rebell der Familie ist eigentlich nicht Casim, ihn zwingen die Umstände in die Rolle, in der er sich sichtlich unwohl fühlt. Seiner jüngeren Schwester Tahara (Shabana Bakhsh) fällt die Rolle der Verweigernden zu (wie schon zuvor in „Kick it like Beckham“), die zwischen den beiden Kulturen hin- und hergerissen ist, auch wenn sie in der fulminanten Eröffnungsszene des Filmes bei einer Schulrede noch selbstbewusst ihre Multikulti-Identität propagiert. Im Rahmen der Familie werden ihr schnell die Flügel gestutzt, die Bewerbung um ein Studium in Edinborough, fern der Familie, strikt unterbunden. Für sie bedeutet die neue Situation der Weg in die Freiheit, in eine Selbstbestimmtheit, die zuvor unmöglich schien.

Es ist eine muslimische Familie im Umbruch, die in dem Film porträtiert wird. Von Roisins Seite werden keine Reaktionen von Freunden oder Familie geschildert, hier muss übermächtig eine Institution, wie die katholische Kirche herhalten, um auch Roisins missliche Lage zu illustrieren, dabei bleibt es allerdings auch. Das schlimmste, was ihr passieren kann ist, dass sie ihre Stelle verliert. Dem Zuschauer wird es schwer gemacht sich in ihr Leiden zu versetzen, die emotionale Bindung fehlt. Dagegen erlebt man hautnah den Spagat, den Casim zu leisten versucht, bevor er sich endgültig für eine Seite entscheiden muss.

Wenn der Film auch in vielen Stellen moralisch wirkt, uns lehrerhaft den Spiegel vorzuhalten versucht, so ist es doch seine größte Leistung, dass man gar nicht darüber nachdenkt, dass hier eine muslimische Familie, fern einer Dämonisierung geschildert wird. Sie lebt wohl in sich geschlossen ihre kulturelle Identität, aber fest eingebettet in ein urbanes Umfeld der britischen Mittelschicht. Es ist ein Gegenentwurf zu reißerischen Mediendarstellungen der Muslime als "Fundamentalisten" oder "Terroristen", da gibt es sehr viele, weit verbreitete Vorurteile und viele muslime Einwandererfamilien werden mit den Terroristen einfach über einen Kamm geschert. Das also genau diese Bilder nicht auftauchen, man sich darüber noch nicht einmal während des Kinobesuchs Gedanken macht, das ist vielleicht das Ambitionierteste in diesem Film. Bleibt nur zu hoffen, dass diese politische Intention, neben der dominierenden Liebeserzählung auch verstanden wird. Selten war der Zeitpunkt für diesen Film richtiger als jetzt, wo man „Parallelgesellschaften“ zu Bedrohung eines Miteinanders stilisiert, Liberalität zur Gleichgültigkeit umdeutet und muslime Europäer plötzlich als „Islamisten“ den „echten“ Europäern“ gegenüber gesetzt werden.

(Buch- & Medienpraxis)

hätte ich gestern jedes mal 5 euro bekommen, wenn im fernsehen parallelgesellschaften gesagt wurde, wäre ein erstaunliches sümmchen zusammengekommen.

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im architekturmuseum frankfurt gibt es seit letzter woche die neue ausstellung REVISION DER POSTMODERNE. mit mir war zeitgleich eine schulklasse mit etwa 17-jährigen jungs in der ausstellung. die zeichnungen und das modell zum MUSÉE DES CONFLUENCES in lyon der österreichischen architektengruppe coop himmelb(l)au wurden kritisch von drei männlichen schülern beäugt:
schüler 1: "der entwurf is ja voll krass."
schüler 2: "ja aber das modell sieht aus, wie aus zusammengesammelten müll gebaut."
schüler 3: "aber die entwürfe sind ja wohl oberflashy!"

expertenurteil schülertest: ausstellungsmodell schlecht, aber sonst "oberflashy"!

Eigentlich hatte ich gedacht es sei damit endgültig vorbei. Magisterarbeit abgegeben, Zeugnis bekommen, Uni ade. Und dann war ich gestern doch wieder unterwegs zu einem Seminar. Hatte das Gefühl jahrelang nicht mehr da gewesen zu sein. Das Prüfungsjahr brachte mich zu einer merkwürdigen Distanz zu meiner Universität. Gestern ging ich also durch das Gebäude. Das Semester ist noch in seinen Anfängen, unorientierte Erstsemester schwirren durch das Gebäude. So wie ich. Auch ich war wieder zum Erstsemester geworden. Sentimental schau ich auf die eins, die vor den Fachsemestern auf meinen neuen Studienausweis prangt. Die letzten Jahre waren die Zahlen zweistellig gewesen. Beim Gang durch die Flure fliegen Gesprächsfetzen an mir vorbei: "Wo ist denn der Raum 2117?", "Ach, die zwei bedeutet, das ist im zweiten Stock?", "...Literatur des Mittelalters ist ja sooo interessant, das Seminar...", "Das Nebengebäude, geht es da entlang?", "Terrorismustheorie hat der Prof. gesagt..." und als ich dann an der Cafeteria vorbeikomme, werfe ich einen Blick hinunter auf die unten Sitzenden. Wenn da nur einer wäre, denn ich kenne, geht es mir durch den Kopf, nur einer, dann wäre es wie ein Zeichen, als sei ich nie weggewesen, bin nicht fremd hier, nicht zu alt. Doch ich erkenne keinen, dreh den Kopf schon zurück als ich in diesen Moment T. sehe, der sitzt dort mit eine paar anderen Anglistik-Studenten. Ihn hatte ich noch als Studienanfänger erlebt, wie er das Kulturwissenschafts-Tutorium meiner Mitbewohnerin besucht hatte. Er war noch da und ich fühlte mich sogleich wohlig zufrieden. Dann der Seminarraum, die Seminargruppe mit der ich noch ein zusätzliches Jahr Studentin sein darf, aus Frankfurt, Marburg, Hamburg, München, Stuttgart sind sie und es wird sich vorgestellt und Namensschilder gebaut. Ich bin wieder Erstsemestlerin.

(Buch- & Medienpraxis)

koreavorschau auf korea
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setlursabrina setlur: hektik bei eichborns

jedes jahr zur gleichen zeit die gleiche malade. wenn abends die füsse schmerzen, der kopf müde dank des alkohols einer verlagsparty zu der man kam, obwohl die begleitung schon drinnen, aber gottseidank der nette türsteher noch aus alten zeiten gut bekannt. nach dem jährlichen karassek und radisch gucken, zumindest ein sushi-teilchen ergattert, ziemlich angeheitert auf hohen absatz den weg nach hause gesucht, da schon ganz früh morgens die arbeit auf einen wartet. interview transkribieren und tippen, tippen, tippen. und abends auf hohen absatz wieder durch die gegend wippen.

q29vorhin kam er vorbei und fragte mich, wieviele minipops ich denn geraten hätte. ich sagte: "häh? minipops. was issn das?". darauf seine erkenntnis, dass er das gar nicht von mir gehört haben kann, aber es von irgendsonen blog hätte, zum runterladen als excel-datei. also schnell "minipop quiz" in google getippt und beim erstbesten blog das ding runtergeladen. danke /blog !
q34und nach recherche ein weiteres minipop-quiz im netz gefunden, bei radio times.
ich kam bei der excel-version immerhin auf 35. das ist wohl leicht zu schlagen. bei der excel-datei sind es hauptsächlich musiker, bei radiotimes geht es mehr um tv- und movie-grössen.

nachtrag: die minipops sind hier original her.

 

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